Über Malerei der Gegenwarten ist schon immer und gerade jüngst wieder viel nachgedacht und geschrieben worden. Kaum ein anderes künstlerisches Medium ist so populär und wird gleichzeitig in der Öffentlichkeit umstritten diskutiert. Die Gründe lassen sich meistens in der (subjektiven) Betrachtung und Interpretation der Kunstwerke finden, bei der „die Gestimmtheit“ der Betrachter, wie bereits Walter Benjamin konstatierte, eine nicht unbedeutende Rolle spielt.1
So wird Malerei von Zeit zu Zeit regelmäßig einer Art institutioneller „Prüfung“ mit begleitenden Publikationen unterzogen, auch, um ihre allgegenwärtige Präsenz stetig neu anerkennen zu lassen, obwohl die Kämpfe der Vergangenheit und die Konkurrenz zu Fotografie, Konzeptkunst, Film und Video oder auch Performance überwunden sind und sie lange noch nicht ausgemalt hat. Jenseits davon lassen sich selbstbewusste Positionen finden, die sich einem zeitgeistigen Anspruch entziehen und „gegen“ das Zeitgenössische arbeiten. Fast aus dem Verborgenen präsentieren sie eine von Erklärungen befreite Malerei und begegnen ihr vermeintlich losgelöster von den vielen Zweifel und Bedingungen ihrer jeweiligen Zeit, weil es ohnehin für jedes Zeitalter eine Malerei gibt. In seinen bekannten und später gesammelten Vorlesungen verwies Roland Barthes auf Bedingungen der Zeit mit dem Satz: Das Zeitgenössische ist das Unzeitgemäße. 2
Um das Zeitliche ganz anderer Art und um Begegnungen, Berührungen, abermals um das Auflösen von Farbflächen und im weitesten Sinne um Farbformen geht es in der Malerei von Yafeng Duan. Sie ist deswegen zeitgenössisch, weil sich die Künstlerin von ihren früheren Jahren und deren künstlerischen Bedingungen distanziert hat - jedoch ohne Elemente oder vielmehr Spuren aus einer vergangenen und traditionell orientierten Landschaftsmalerei gänzlich zu verwischen.
Yafeng Duans zum Teil großformatige Arbeiten sind abstrakte Kompositionen, mit denen sie sich einer inneren Welt aus Farben und Formen nähert. Sie stellen nichts dar, weder gegenständliche Abstraktionen, noch ist irgendeine narrative Bildstruktur zu erkennen. Die Konstruktion ihrer Bilder
ist (auf den ersten Blick) befreit von einer Bedeutung - vielmehr ist der malerische Prozess das
Ergebnis einer subjektiven Entscheidung, losgelöst vom Duktus zeitgeschichtlicher oder gar kulturell bedingter Malkonzepte, ihrer Entwicklung und Zuordnung. Lediglich der Name der Künstlerin verweist auf ihre Herkunft. Yafeng Duan ist in der Nähe von Peking geboren, wo sie von 1999 bis 2001 an der Central Academy of Fine Arts studierte. Danach wechselte sie an die Bauhaus-Universität Weimar und beendete 2011 ihr Studium nach einigen Gastsemestern bei Robert Lucander an der Universität der Künste Berlin. Es liegt zunächst nahe, in den Arbeiten von Yafeng Duan nach kulturellen Verbindungen und Verweisen zu suchen. An der Seite ihres Vaters Duan Xin Ran, einem bedeutenden Meister der traditionellen chinesischen Malerei, hat die Künstlerin bereits seit den früheren Jahren diese Kunst praktiziert und darüber auch ihre Beobachtung von Natur geschult, was bis heute (geistige) Spuren in ihrem Werk hinterlassen hat. Aus diesem künstlerisch biografisch aber auch familiär geprägten Umfeld heraus, erzählte Duan in einem Gespräch, wuchs ihre Sehnsucht nach anderer, nach westlicher Kunst(-geschichte).
Diesem inneren Impuls folgend und in Vorbereitung ihres weiterführenden künstlerischen Studiums begann sie am Goethe-Institut in Peking, Deutsch zu lernen. Einige Zeit später in Deutschland angekommen, erlebte sie im Studium die Konfrontation, wie sie selber sagte, mit einem vollständig neuen und erweiternden Verständnis für Kunst. Darauf reagierte sie zunächst mit einem radikalen inneren Rückzug, um erst nach drei Monaten zu „verstehen“. Das Ergebnis: eine Serie abstrakt-gestischer Zeichnungen. Für Yafeng Duan begann das Experiment mit Linien, ungegenständlichen Räumen und dem Erforschen von abstrakten Bilderwelten - es war zeitgleich die Loslösung von den Kriterien und Regeln ihrer künstlerischen Wurzeln. Geblieben ist ihre Erfahrung mit der traditionellen chinesischen Malerei und die lebendige und feinsinnige Beziehung zur Natur, welche in den neuen Linien nicht nur weiter gespeichert bleiben, sondern auch freier weiterentwickelt worden sind. Die Linie wird für Yafeng Duan zum kraftvollen Ausdruck für mehr Bewegung und Spannung und ist gleichzeitig eine Form von Überwindung ihres anfänglichen Kunstverständnisses.
Verändert hat sich die Reduktion der sichtbaren Welt auf Farben und Formen und damit die eigene malerische Wirklichkeit. Die intensive Bildkomposition durch den übermäßigen Gebrauch von Farbe spielte davor und generell in der traditionellen chinesischen Landschaftsmalerei eine eher untergeordnete Rolle. Vielmehr waren die Künstlerinnen und Künstler bemüht, aus der Betrachtung der Natur mit dem konkreten Abbild eine Atmosphäre zu erzeugen und so bestimmte Eigenarten oder ihr Wesen darzustellen. Die Beobachtungen bei Duan werden auf der Leinwand als gespeicherte Erfahrungen und Wahrnehmung zu einem abstrakten Assoziationsspiel.
Es beginnt nicht nur eine neue Beziehung, die auf Farben und Formen basiert, sondern auch der
Dialog mit ihren inneren Bildern. Auf diese Weise erweitert sie die äußere und ästhetische Betrachtungsebene durch eine tief verinnerlichte Erkenntnis.
Im Werk von Yafeng Duan lassen sich assoziative und eher flüchtige Bezüge zu den Anfängen der Abstraktion und damit zu Wassily Kandinsky herstellen, der als Vorreiter auf diesem Gebiet in seiner Schrift von 1911 Über das Geistige in der Kunst die Farben und Formen zu den eigentlichen Mitteln erklärte, mit denen die Künstlerinnen und Künstler in der Malerei eine innere Welt zum Ausdruck bringen.3 Duan geht es zunächst nicht darum, die Ursprünge der abstrakten Malerei zu zitieren oder zu aktualisieren, vielmehr sind es Spuren und Bezüge, die die Entwicklung des 20. Jahrhunderts bis hin zur Neuen Abstraktion der 1990er Jahre auf ihre methodischen Ansätze von Beginn ihrer „künstlerischer Reise“ bis heute hinterlassen hat. Nach eigener Aussage nutzt sie die europäischen Materialien für neue Möglichkeiten und Maltechniken, um ihren Bildern zum Beispiel eine haptische Qualität und physische Präsenz zu verleihen. Insbesondere sind ihre sogenannten Dunklen Bilder von den Farbfeldern des dänischen Malers und Neo-Expressionisten Per Kirkeby beeinflusst, der in seinen Bildern, bedingt durch sein Geologiestudium, die Betrachter selber zu Geologen der Farben und Schichten werden lässt. Man könnte über eine Seelenverwandtschaft spekulieren: Beide Künstler verbindet die Annäherung an das Weltliche, die Beobachtung vom Geschehen in der Natur, ihrer Aura und Atmosphäre - dennoch malen beide keine abstrakten Landschaften. Es sind vielmehr abgelegte Erlebnisse, die über künstlerische Abstraktionsprozesse von teilweise immer wieder neu aufgetragenen und abgetragenen Farbschichten als Spuren aus dem körpereigenen Gedächtnis in Formen der Erinnerung auf den Bildflächen umgesetzt werden - dicht an dicht und bis an die klar begrenzten Ränder der Leinwand. Mit der abwechselnden Anordnung und dem Austausch von materiell unterschiedlichen Farboberflächen werden gleichzeitig Zeitabläufe gespeichert.
Bei malerischer Abstraktion und andeutender Geste bleiben auf den ersten Blick nur Assoziationen zu Naturformationen, Fragmenten und Ablagerungen. Formal und inhaltlich entwickeln die
Farbfelder zwischen Transformation und Veränderung neue Zusammenhänge, sowohl im Ergebnis
künstlerischer Untersuchungen als auch den eines inneren Ausdrucks, in den sich Bewegungen und Zeit eingeschrieben haben. Die Bilder funktionieren wie eine Art seismografische Aufzeichnung von Sinneseindrücken - ein Versuch, das Unsichtbare darzustellen. Yafeng Duans intuitiver und gleichzeitig kontrollierter Farbauftrag wechselt sich hier in den kraftvollen und unterschiedlich großen Farbfeldern, deren stark plastischer Pinselduktus an erdige Formationen erinnert, mit feinen
lichtdurchlässigen und wässerigen Farbschichten ab. Die Malerin schichtet und verteilt die Ölfarbe, verwischt sie, um Stellen zu erneuern oder nutzt die Trockenzeit des Materials für weitere Veränderungen. Die Farben scheinen ein Eigenleben zu entfalten. Auf der flachen Leinwand kommt es zu Begegnungen und Überlagerungen von Farbnuancen und Formen. An ihren konstruierten oder auch offenen Grenzen ergänzen sie sich nicht immer, es kommt zu Spannungen zwischen den Linien und Feldern. Die Farbflächen folgen keinem bestimmen Ordnungssystem, sondern eher einer intuitiven Handlung und subjektiven Wahrnehmung der Künstlerin. Dennoch scheinen sie zeitweise nach mehreren räumlichen Überlagerungen von unterschiedlichen opaken Oberflächenstrukturen nebeneinander auf eine gewisse innehaltende und harmonische Weise zu korrespondieren. Dieses materielle Wechselspiel von an manchen Stellen auch ineinander verschmelzenden Farbschichten hinterlässt in den plastisch gewordenen Farbfeldern bisweilen mehrere sichtbare Spuren.
Der gleichermaßen vom Zufall und Veränderung bestimmte Malprozess offenbart Räume, die sich als solche erst bei längerer Betrachtung der Bilder im Kopf erschließen. Nicht alle bleiben. Einige verformen sich wieder, verschwinden oder scheinen sich gänzlich aus ihren Grenzen und von den Rändern der „lebendigen“ Leinwände her aufzulösen. In der hinterlassenen Leere wachsen zunehmend atmosphärische Bildräume - verstärkt zu beobachten in der aktuellen Werkgruppe, welche die Künstlerin den sogenannten Hellen Bildern zuordnet.
Der auf den ersten Blick stärker gesamtflächige Eindruck und der flüssigere Farbauftrag beruhigen die Augen beim Betrachten. Ihre Aufmerksamkeit und Imagination wird mit reduzierten malerischen Mitteln angeregt. Sie wirken unendlich tief und viel geheimnisvoller als die Dunklen Bilder. Beim Versuch einer gegenständlichen Orientierung verlieren sich die Betrachterinnen und Betrachter in einem ästhetischen Erlebnis - oder persönlicher formuliert: „in einem wahrgenommenen Erlebnisraum, der die Stimmung der Natur spiegelt“, wie Duan ihre Erfahrung und Malerei in einem Gespräch beschreibt. Es ist die vielschichtige Darstellung ihrer Selbstwahrnehmung von Natur, welche über die Rezeption nicht nur eine formal äußere Konfrontation bedeutet, sondern gleichzeitig zu der atmosphärisch-räumlichen Erfahrung führt, das Bild von seinem Inneren heraus, seinem Wesen, zu erleben. Gernot Böhme bemerkt in seinem Aufsatz Atmosphäre als Grundbegriff einer neuen Ästhetik 1 eine eigene Wirklichkeit des Kunstwerkes, mit der man eine Erfahrung macht, bei der die Atmosphäre des Bildes nicht übergangen werden kann.4
Bereits Walter Benjamin schreibt in seinem viel beachteten Aufsatz Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit über die Eigenschaft der Einmaligkeit von Kunstwerken aus
der Erfahrung der Natur und in diesem Zusammenhang von einer unerreichbaren Aura, die in ihrer Wahrnehmung erlebt werden kann. Eine Aura, die man „atmet“, entfacht durch die Naturstimmung und den Gemütszustand der Betrachterinnen und Betrachter.5
Es sind Bilder, in denen die Schwerkraft aufgehoben ist, gelebt und geatmet werden kann, erzählt Yafeng Duan bei einem Atelierbesuch. Über malerische Prozesse überträgt sie das Atmen und Erlebnisse der Naturdinge sozusagen in die Bildflächen, in denen das jahrhundertealte chinesische Lebensprinzip Qi vorherrscht, welches nicht nur in der traditionellen Malerei eine
bedeutende Rolle spielt, sondern auch die Ausdrucksweise der Künstlerin beeinflusst. Qi erzeugt Atmosphäre. Aspekte dieses unsichtbaren Qis fließen bei Yafeng Duan abwechselnd bewusst und intuitiv mit den Pinselschwingungen der Linien und Farbflächen in die Bildräume, in denen die Schwerkraft aufgelöst scheint. Sie muten wie freie Energiefelder an, die in Bewegung bleiben. Qi ist ein zentraler und vieldeutiger Begriff aus dem Daoismus 6 und seinem dualistischen philosophischen Prinzip von Yin und Yang. Er bezeichnet die fließende Lebenskraft, die nicht nur in der Kunst, sondern in allen Bereichen des Lebens seine Ausdrucksformen hat.
Duan verwendet in ihrer Malpraxis das Qi als eine Art (meditative) Technik, die ihr gleichzeitig als Werkzeug dient, mit dem sie die vielschichtig komponierten Farbräume erweitert. Diese innere Kraft wird in den Bildern gesammelt und gespeichert. Sind in einigen früheren dunklen Arbeiten noch stärker Überlagerungen von verwandten und zueinander komponierten Farbfeldern erkennbar, löst sich dieses Spiel von Abstraktionen aus kraft- und spannungsvollen, ineinander greifenden Flächen zugunsten von Kompositionen aus entgrenzten und hellen bis transparenten Farbschichten ab. Es scheint, eine andere Geschwindigkeit führe den Pinsel. Als gestische Spuren von organisch anmutenden Abstraktionen verlieren die fragilen Formen in den hellen Bildräumen ihre Beziehung zueinander und reagieren auf diese Weise gleichzeitig stärker auf die physische Umgebung. Die weiße Leinwand bleibt wie ein strahlender, unberührter Nullpunkt sichtbar - ein Ursprung von geistiger Form. Die Farbe Weiß ist nicht nur in der westlichen Kunstgeschichte symbolisch aufgeladen - es ist die Farbe der Unendlichkeit, ein mystischer und vollkommener Farbton.
Weiß ist die hellste aller Farben und steht für Licht, Reinheit und Erfüllung.7 Nach traditioneller chinesischer Überzeugung können alle Naturphänomene auf fünf Elemente zurückgeführt werden: Feuer, Erde, Holz, Metall und Wasser. Jedem dieser Elemente ist eine Farbe zugeordnet: Schwarz
für Wasser, Rot für Feuer, Grün für Holz, Gelb für Erde und Weiß für Metall. Mit den fünf Elementen haben diese fünf chinesischen Grundfarben in nahezu alle Lebensbereiche Einzug gehalten.
Die oszillierend wirkenden Kompositionen auf den Leinwänden von Yafeng Duan entwickeln auf den vorwiegend hellen und leeren Bildflächen eine ganz eigene grenzenlose und unkontrollierte Dynamik - ihr Stillstand wird von einem diffusen Lichtspiel aufgehoben. Die Motive erzeugen den Eindruck von rhythmisch sanften Begegnungen: Die pastellfarbigen Abstraktionen werden zu feinsinnigen und imaginären Klangkompositionen: im Sehen hören. Beim Betrachten der Bildflächen entwickelt sich eine innere Beziehung zum Kunstwerk. Klänge sind akustische Wahrnehmungen und zunächst abstrakte Erlebnisse. Mit malerischem Instrumentarium aktiviert Yafeng Duan die Sinne. Bild, Klang und Bewegung werden zu einer kontemplativen Einheit: Kontemplation als Kommunikation. Beinahe entsteht der Eindruck, die Bilder lebten und atmeten in der Tat. Symmetrie würde vermutlich diese Erkenntnis wieder zum Stehen bringen.
Die Nähe zum Informellen und der Flirt mit dem Chaos aus den anfänglichen Jahren ihres künstlerischen Schaffens in Europa, das mitunter auch an den abstrakten Expressionismus erinnert, löst sich in Yafeng Duans aktueller Werkgruppe zugunsten eines harmonischen, beinah meditativen Stimmungsbildes auf. Die früheren Farbkonfigurationen und Linien verlangsamen sich zu stark reduzierten, semi-transparenten Energiefeldern. Hier dient ihr die künstlerische Arbeit dazu, die jeweilige geistige Existenz mit der Malerei zurückzugewinnen. Die geistige Dimension in der zeitgenössischen Kunst ist heute weniger Manifest oder gar die Sehnsucht nach gesellschaftlichen Utopien, sondern vielmehr bildnerisches Protokoll von unterschiedlich motivierten und individuellen Recherchen, verbunden mit körperlichen Erfahrungen der Künstlerinnen und Künstler. Der eigene Dualismus von Geist und Körper wird über Wahrnehmungsprozesse und zum Teil unsichtbare Handlungen ins künstlerische Medium übertragen.
In Yafeng Duans Formenvokabular finden sich nur einige wenige Spurenelemente, lediglich entfernte Erinnerungen an traditionelle chinesische Tuschemalerei. Eine klare kulturelle
Identitätszugehörigkeit verliert sich schnell in den leuchtenden grenzenlosen Farb- und
Klangräumen und öffnet ihre Malerei für unbestimmte Erlebnisse. Yafeng Duan steht für eine Position, die fern von politischen Diskursen eine freie künstlerische Ausdrucksmöglichkeit findet.
Die Farbläufe werden dagegen zum subjektiven Assoziationsspiel, bei der die Möglichkeit der Mehrdeutigkeit Teil davon bleibt. Ihre Malerei möchte nichts darstellen: Sie ist vielmehr eine persönliche Entscheidung und gleichzeitig der Versuch, sich mit künstlerischen Mitteln einer
eigenen Wirklichkeit zu nähern. Es sind Varianten von geistigen, inneren Zuständen und das
Ergebnis von Beobachtungen und Erfahrungen der Natur, mit denen das Spannungsverhältnis von Linie, Farbe und Fläche ausgehandelt wird. Auf diese Art lässt Duan in den Bildflächen atmosphärische Wechselräume wachsen und gleichzeitig verschwinden - und verbindet so das verborgene Innere mit dem materiellen Äußeren. Sie lässt Beseeltheit in ihre Bilder nicht nur hinein- sondern auch herausfließen.
Im Laufe der vergangenen Jahre ist ein umfangreiches Oeuvre entstanden, in dem immer wieder aufs Neue ausgelotet wird, wie die intensive Beziehung zur Natur malerisch in abstrakte Farbfelder und Linienkonstellationen auf eine lebendige Art und Weise übertragen werden kann. Als langlebige Spuren von gesammelten Erkenntnissen fließen sie in die schlicht mit Nummern betitelten Arbeiten von beinah überirdischer Anmut. Es ist eine Malerei, die sich gegen die tägliche Bilderflut nicht behaupten muss.
_______________
1 Gernot Böhme, Atmosphäre als Grundbegriff einer neuen Ästhetik 1, in Kunstforum Bd. 120, 1992, S. 247 - 255
2 Giorgio Angamben, Nacktheiten, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2010, S. 21
3 Wassily Kandinsky, Über das Geistige in der Kunst, München 1912
4 Gernot Böhme, Atmosphäre als Grundbegriff einer neuen Ästhetik 1, in Kunstforum Bd. 120, 1992, S. 247 - 255
5 Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Suhrkamp Verlag,
Frankfurt am Main, 1979.
6 siehe u.a. Zhuangzi. Das Buch der daoistischen Weisheit, Reclam Verlag, Stuttgart 2019 und
Hans van Ess, Der Daoismus: Von Laozi bis heute, C.H. Beck Wissen, 2011
7 siehe auch Farbsymbolik in China von Von Yang Chunyu, Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften, 2013